In Rom gibt es einen Neuen. Das dürfte keinem entgangen
sein. An ihn knüpfen einige gewaltige Hoffnungen, seien sie Katholiken oder
nicht. Global gesehen.
Doch wie, fragt sich ein Mann, der in einer Stadt ansässig
ist, die von einem Dom nicht nur überragt sondern im gleichen Maße im
öffentlichen (und finanziellen) Leben von der dort behausten
Glaubensinstitution auch gnadenlos dominiert wird (und dabei habe ich die
peinlich scheppernde Glocke der Stadtkirche noch nicht einmal erwähnt…), wie
wirkt sich die Ernennung des Kardinals aus Übersee, der sich nunmehr Franziskus
nennt, auf diese unsere, kleine Welt aus?
Der Herrscher der Stadt Limburg hat einen neuen Chef.
Was bedeutet das nun für ihn? Und für den Rest der Stadt?
Man kann dem Bischof von Limburg einiges nachsagen, nicht
jedoch, dass er weniger Aufmerksamkeit in der bundesweiten Öffentlichkeit
erregt hätte, als sein Vorgänger. Anders als dieser erreicht er eine solche jedoch
nicht durch klare Stellungnahmen, interessante Gedanken, sein Wesen und seine Taten.
Was den aktuellen, lokalen Bischof immer wieder und nachdrücklich in die
Schlagzeilen bringt, ist das, was ihm allem Anschein nach am allerwichtigsten
ist: das Äußerliche.
Erster Klasse Flüge nach Indien, um offiziell die Ärmsten
der Armen zu besuchen, die dann kurzerhand vor laufender Kamera geleugnet werden
(die Flüge, nicht die Armen, die waren möglicherweise sowieso nur Alibi für
einen persönlichen Trip auf der Fahndung nach einer Privat-Diözesanheiligen)
erregen nicht weniger Aufsehen als der Bau seiner bescheidenen Privatresidenz (geschätzter
zweistelliger Millionenbetrag Baukosten). Seinen Palast durfte er in hochgradig
lockerer Handhabung aller Vorschriften, mit denen sonst Hausbesitzer in der
Lage schikaniert werden, oberhalb der denkmalgeschützten Altstadt in
mehrjähriger, lärm- und dreckintensiver Arbeit errichten lassen. Dort auf dem
Felsen verkündet nun ein geschmacksbefreiter Bunkerbau mit einem Zaun, wie man
ihn sonst nur von gefährdeten Botschaften totalitärer Staaten in Berlin kennt,
seine ganz persönliche Sicht der Welt: Eine feste Burg ist unser (mein) Gott –
und Ihr müsst draußen bleiben.
In Sachen Glauben und Vermittlung einer christlichen
Weltsicht lässt sich sein Wirken bislang auf wenige Worte reduzieren: Es gibt
zu wenig Gläubige und die beten zu wenig. Doch mit der Kirche und ihren
Herrschern hat das nichts zu tun. Es sind die Menschen, die fehlen. Die
anderen. Die sind in der Pflicht. Menschen, haltet euch aus allem raus,
versucht nicht, diese meine Kirche als Eure zu reklamieren, Ihr seid die Laien
und damit unten und dort bleibt ihr. Gebraucht werdet ihr nur, wenn es gilt, gefälligst
in Scharen zu kommen, um die Kirche/den Dom zu füllen, wenn ich mein ganz
persönliches Steckenpferd reite und die Liturgie zelebriere (das „R“ bitte
längstmöglich rollen).
Nun hat dieser Mann also einen neuen Chef, dem nichts an
Titelsammlungen für seinen privaten BMW-Fahrer liegt. Der nicht einen ganzen
Dom umbauen lässt, damit er einmal im Jahr zur Priesterweihe auf lang
hingestreckte Körper junger Männer schauen kann. Der neue Papst würde, wenn es
darauf ankommt, eine Heilige Messe auch auf einer Orangekiste zelebrieren, die
mit einer Windel bedeckt ist. Er entstammt einem Orden, der gleichermaßen für
Bescheidenheit, Askese, Disziplin und persönlicher Bildung steht. Man muss
etwas von der Welt wissen, wenn man sie ändern will und man muss sie
wahrnehmen. Der neue Papst hat in seinem bisherigen Leben bewiesen, dass er
sich interessiert. Vor allem für die Menschen und für ihre Nöte in dieser Welt.
Damit vertritt Franziskus I eine Auffassung von Kirche, die
der des aktuellen Statthalters in Limburg nicht mehr entgegenstehen könnte.
Böse Zungen werden nicht müde zu behaupten, die lästige,
kleine Diözese Limburg sei für deren aktuellen Kirchenfürsten nichts weiter als
ein Durchlauferhitzer, um ihn für den weiteren Lebensweg so richtig heiß zu machen.
Der nach der Karriereplanung des Ehrgeizigen mit konservativster (nett
ausgedrückt) Protektion von höchster Stelle über das Bistum Köln nebst
zugehörigem Kardinalsrang nach Rom führen sollte, zu Aufstieg und Ämterhäufung
bis schließlich zur Papstwahl spätestens 2030. Für Letzteres übt er offenbar
schon fleißig. „Er spricht durch mich“, soll er gesagt haben. Und es
tatsächlich glauben.
Möglicherweise erlebt diese stromlinienförmige Planung gerade
einen Totalschaden.
Möglicherweise erlebt die Kirche, die katholische, gerade
eine Entwicklung, bei der der Bedarf an weltabgewandten, autoritären, eitlen und
selbstgerechten Freunden edler Seidenkleider rapide sinkt.
Und was wird dann?
Dann steckt der Landwirtssohn für den Rest seines klerikalen Lebens hier
fest, in diesem irdischen Jammertal zwischen Taunus und Westerwald. Mit diesen
seltsamen Priestern, die es bisweilen wagen, Fragen zu stellen und tatsächlich
Antworten zu erwarten. Antworten, die nicht aus dem Phrasenspeicher kommen,
sondern etwas mit den Fragen zu tun haben. Und dann gibt es noch diese… diese…
Dingsda. Wie nennt man sie noch? Gläubiger. Nein, das war es nicht. Ach ja,
Gläubige. Die nicht weniger fragen. Und Forderungen stellen. Diese Laien, diese
verachtungswürdigen, undankbaren Kreaturen des Herrn. Kann sich nicht mal
jemand damit befassen?
Sicher. Es kann. Und es sollte. Genau das ist nämlich eigentlich
die Aufgabe eines richtigen Bischofs.
Limburg ist die erstaunlichste Stadt des Universums.
Gleich nach Lutetia.
Und Rom.
Es bleibt spannend hier.
Und wir bleiben am Ball.
* Papst im Wartestand außer Dienst
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