Mittwoch, 22. Mai 2013

Wisch - und weg



Meine 10 Minuten mit einem Tablet



Mir ist etwas passiert. Ich hatte eine Begegnung der dritten Art. Eine unheimliche. Ich habe etwas mir vollkommen Fremdes gesehen, habe es berührt und ich bin nun ein Anderer. Ein völlig anderer.

Hm. Naja. Also. Nicht so wirklich.

Ich meine, ich bin immer noch der, der ich vorher war, nur weiß ich nun, wie anders ich bin.

Alles klar?

Nein?

War auch klar.

Dann hole ich mal etwas weiter aus, wie man das von mir gewohnt ist.

Der Mann der sich um das Managen meiner ambitionierten E-Book-Pläne kümmert, sagte sinngemäß: "Wie zum Teufel willst Du denn überprüfen, ob das Buch so ist, wie Du es willst, wenn Du gar keinen E-Book-Reader hast, um es zu sehen." Er meinte, JETZT sei die Zeit gekommen, mir so ein Ding zuzulegen.

Ich dachte nach. 
Was manchmal Folgen hat. 
Und recherchierte. 
Da gab es diese Dingse, die exklusiv von einer Handelskette vertrieben werden, deren Namen an den Singular einer Kriegerinnenrasse erinnert. Die wollte ich aber nicht. Ich mag es nicht, wenn jemand seine Finger in meinem Bücherschrank hat und sei(en) er und er virtuell. Also sah ich mich nach Alternativen um. Die waren alle schwarz-weiß. Und ich habe doch so schöne bunte Cover.

So kam ich in der Welt der Tablet-PCs an. 
Die Weltsteuerhinterzieher mit der Apfelware kamen nicht in Frage. Also die Koreaner. Hm, dachte ich. Vielleicht. Die Dinger haben ja auch W-LAN. Dann kannst Du damit ins Zwischennetz und wenn wieder Football-Saison ist, kannst Du dann parallel zu dem Spiel, das Du schaust, die anderen Ergebnisse und Spielverläufe…


NEIN!

Ich hatte nicht vor, meinen Infanten nachzueifern. Ich will nicht im Hintergrund Berlin – Voll Idioten laufen haben, während ich online am Chatten bin, mit dem Festnetztelefon lebend telefoniere und mit der freien Hand auf dem Wischfon Farmer spiele und Eier züchte und Hühner schere.

NEIN!


Nur ein bisschen. Ein kleines.

Also machte ich den kleinen Schritt und keinen Sprung für die Menschheit. Ich klickte, orderte (natürlich beim Kampfweib) und dann kam es.


Mein Tablet.


Es war… Grauenhaft. Wischen, deuten, Finger auf, Finger zu – und nichts, aber auch gar nichts davon war selbsterklärend. Überall irgendwelche App-Dingse, über die man irgendwas kaufen konnte, musste, sollte, was dann zu anderen Seiten führt, über den man etwas kaufen können/muss/soll.

Hiiiiiilfeeeee!

Mein Jüngerer eilte zur Rettung. „Das geht so. Und da hast Du dann. Und ich habe Dir diese App draufgemacht, die ist wichtig. Und da. Und das ist toll. Und…“

„Ähm… Ein Buch. Ich will einfach nur mal ein E-Book sehen.“

Eine halbe Stunde später hatte er eine Edgar Wallace Leseprobe gefunden.

Okay. Man konnte es lesen. Man konnte blättern. Man konnte das Cover erkennen.

SO sieht so was also am Ende aus.

In Ordnung. Damit kann ich leben.

Aber der ganze Rest?!

Ich brauche davon nichts. Absolut nichts. Ein Tablet ist ein Gerät, das für mich nicht eine einzige, sinnvolle Anwendung hat, die irgendwas mit ARBEIT zu tun hat. Dies Husch-Wisch-Teile sind für mich nichts anderes als Zeitkiller um des Zeitkillens Willen.


Aber mit Kamera.

Ich war neulich in Istanbul, wo ich mir im Rahmen eines Freundschaftskicks für eine Österreichische Traditionsauswahl (jaja, das ist alles etwas schräg und jetzt nicht Thema) das Knie habe kaputt treten lassen. Und dort liefen sie herum. Die Touristen. Mit TABLET-PCs. Hielten diese DIN A 4 großen Teile vor die Nase und fotografierten die Hagia Sophia.

Tschuldigung.

Geht’s noch?


Manchmal muss ich nicht in den Spiegel schauen, um festzustellen, dass ich alt werde. Es gibt Entwicklungen und „Erfindungen“, die sind ganz offensichtlich nicht für mich.

Vielleicht wenn ich 70 bin. 
Meine Mutter hat in dem Alter erst den Computer entdeckt und spielt heute, mit Mitte 80, Angry Birds und fragt sich, wie sie Schweine zum Explodieren bekommt. Meine Bewunderung ist ihr gewiss.

Vielleicht bin ich noch nicht soweit.

Meine Affäre mit einem Tablet PC dauerte jedenfalls gerade mal 10 Minuten.

Dann habe ich ihn verschenkt.

An meinen Jüngeren. Der hat sich gefreut. Als ich ihn aber gestern fragte, was er damit macht, meinte er nur: „Nicht so viel. Der kann ja nicht mehr als mein Galaxy. Der ist nur viel unhandlicher.“

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Mittwoch, 1. Mai 2013

Verzettelt



Oder: füllen Sie das anliegende Formular aus und schicken Sie es zurück

Wir schreiben das Jahr 2013. Nicht 1897. Auch nicht 1963. Oder so. Das muss ich mir immer gewaltsam ins Gedächtnis rufen, wenn ich es wieder einmal mit meinen ganz besonderen Freunden zu tun bekommen.
Den Planstellenbesetzer (und –vermehrern) in öffentlichen Verwaltungen und der Wirtschaft.
Ein Soziologe namens Parkinson hat 1955 festgestellt, dass die Zeit in Bürokratien anders läuft als im Rest der Welt. Eine Arbeit in einer Verwaltung dauert nicht so lange, bis sie erledigt ist. Sondern sie dehnt sich in alle Richtungen aus bis sie das Zeitfenster, das für sie zur Verfügung gestellt wird, bis zum Platzen füllt.
Weiterhin hat der kluge Herr Parkinson festgestellt, dass ab einer bestimmten Größe eine Verwaltung gar keinen (Unternehmens)Zweck mehr benötigt, da sie mehr als hinreichend damit beschäftigt ist, sich selbst zu organisieren. Und dazu das Personal kontinuierlich aufzustockt, ohne das „Kerngeschäft“ auch nur zu tangieren. Denn nichts soll einen Verwalter stören, schon gar nicht produktive Tätigkeit.
Das war 1955, wohlgemerkt. Also lange, lange, bevor es im großen Stil nutzbare Computer gab.

Die kamen dann Anfang der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts auf. Die Idee vom papierfreien Büro geisterte durch die Wolkenkratzer und erschreckte Menschen auf Planstellen. Aber die sind findig. Sie bemerkten sehr schnell die Vorteile der neuen Technik. Man konnte Dokumente nun nicht mehr nur mit einem Durchschlag schreiben. Man konnte sie in beliebiger Zahl ausdrucken! Was man auch tat.
Das Monster Bürokratie fraß weiter und mehrte sich personell und verschickte Papier, Papier, Papier.

Dann kam das Internet und es drohten ganz neue Möglichkeiten. 
Alles konnte auf einmal schnell gehen, ohne einen Postlauf von mehreren Tagen hin und zurück einzukalkulieren und Verluste auf dem Versandweg. 
Formulare mussten nicht mehr hin- und hergeschickt werden, sondern konnten zum Download bereitsgestellt werden. Die Bearbeitungszeit eines Vorgangs lief auf einmal Gefahr zur Realzeit zu gerinnen.
Schrecklich. Grauenhaft. Unvorstellbar.
Doch die Kaste der Kreativbürokraten wusste auch hier Abhilfe.

Formular: Ja.
Download: Ja.
Versand: bitte einscannen und als PDF oder per Fax oder auf dem Postweg verschicken.
Ausfüllen des Formulars: von Hand. Bitte mit schwarzem Füller oder Kugelschreiber.

Ja. 
Genau. 
In einer Zeit, in der selbst das Bürokratieerfindungsministerium (Finanzamt) die Menschen nötigt, einen Internetanschluss zu besitzen und Steuererklärungen mit lustigen Vogelnamen versehen (hm, Elstern sind doch diebische Tiere? Passt also schon…) auf elektronischem Weg abzugeben, grassiert der mittelalterliche Wahnsinn.
Ich habe in den letzten zwei Wochen nicht weniger als 7 (in Worten sieben) Formulare von Banken, Versicherungen, Autoherstellern und Energieversorgern entweder per Post oder per Mail oder per Download erhalten, die ich VON HAND ausfüllen soll.

Nein, nicht am Monitor mit der Tastatur in dafür vorgesehene Felder. 
Das ist NICHT MÖGLICH und NICHT VORGESEHEN. 
Ich soll das Ding ausdrucken, mit dem Stift beschreiben, irgendwie wieder in meine Maschine stopfen und dann verschicken.
Per Anhang als Mail.
Per Fax.
Oder halt per Post.

Das Standardtextverarbeitungsprogramm WORD bietet die Möglichkeit, am Rechner ausfüllbare Formulare zu erzeugen, genauso wie Acrobat. Sogar sehr einfach und komfortabel.

So man es denn WILL und KANN.

Aber die Kaste der Bürokraten verbringt ganz offensichtlich wenigstens die Hälfte ihrer Arbeitszeit damit, angestrengt alles zu unternehmen, eben NICHT zu arbeiten, sondern völlig überflüssige Tätigkeitsschritte innerhalb eines Prozesses mit einem Maximum an Aufwand nicht zu gehen sondern zu trippeln. An zwei Krücken.
Ich bin dazu übergegangen, diese Ansinnen abzulehnen. 
Ich teile jeweils in einem kurzen Schreiben knapp ALLE Informationen die abgefragt werden mit.
Mehr nicht. 
Ich habe mir einen schönen Textbaustein geschrieben, den ich immer wieder verwenden kann, in dem ich darauf hinweise, dass im 21. Jahrhundert die Technik so weit fortgeschritten ist, dann man auf das handschriftliche Ausfüllen von Forumlaren verzichten kann. Wenn jemand auf der anderen Seite des Tisches der Ansicht ist, irgendwer müsse dies tun, dann darf er gerne Buchstaben in Kästchen malen und das Ganze dann noch einmal an der Tastatur abtippen.
In SEINER Arbeitszeit.
Nicht in MEINER.
Mit freundlichen Grüßen.
Und schau an, es ist mir gelungen, in diesem Beitrag weder die Sparkassenversicherung noch VAG Leasing oder die DEVK auch nur zu erwähnen…