Die Criminale 2013
Ab Mittwoch ist es wieder so weit. Die Criminale findet
statt, das größte Festival deutschsprachiger Krimiautoren und diesmal ist die
Schweizer Bundeshauptstadt Austragungsort des Marathons an Lesungen und
sonstigen Veranstaltungen. Näheres hier: www.die-criminale.de.
Ich gebe zu, ich bin eigentlich in einer Hinsicht nicht so
wirklich qualifiziert, daran teilzunehmen. Ab ca. 01:00 Uhr bin ich in der Regel
nicht mehr in der Lage, den philosophischen, intellektuellen, politischen,
psychologischen und literarischen Höhenflügen in der Criminale-Bar zu folgen. Ich
bin seit mehr als 30 Jahren abstinent und daher um diese Uhrzeit einfach zu
nüchtern.
Spaß macht mir die Criminale trotzdem, jedes Jahr wieder,
denn man trifft dort, welch eine Überrschung, auf Krimiautoren. Und die haben
es in sich. Nicht nur nach Mitternacht. Es gibt für mich kein denkbares Genre,
in dem man so entspannte Schreiber treffen kann, die sich vor allem dadurch
auszeichnen, dass sie sich nicht allzu ernst nehmen.
Warum?
Ganz einfach: Der gemeine Krimiautor hat es schon hinter sich!
Als Verfasser von Spannungsliteratur ist man auch noch heute
in der Nahrungskette des publizierten Schrifttums die Amöbe. Wir schreiben „eben
NUR Krimis“ – und das kommt im Auge der ach so literarischen Szene (und deren Kritiker) den von uns ausgedachten, formulierten und verrätselten
Untaten an sich schon
ziemlich nahe.
Wer über Verbrechen schreibt ist selber einer. Einer
Verbrechen. Oder so.
Wenn uns schon sonst keiner ernst nimmt, warum sollten wir
es also selbst tun? Das Resultat ist ein wunderbar lässiger Umgang mit uns und
unserem Treiben.
In anderen Literaturzirkeln wie Genrevereinigungen oder auch
Foren beobachtet man eine Vermünchnerung par excellence, also ein zum Erbrechen
geplüschtes Schatzi-Bussi-Achwieschön-vielGlückmitdeinemwunderbarenRoman,
während gleichzeitig mit der Linken der Dolch unter die Rippe gestochen und via
PN oder auch sehr smartem Phon gehetzt, geneidet und intrigiert wird, was das
Zeug hält.
Wir Killer brauchen das nicht.
Der gemeine Serienmörder wendet sich gleich Wichtigerem
zu: dem Entwickeln schräger Ideen und Charaktere sowie der Vernichtung aller
Alkoholvorräte der Criminale-Hotels- und Bars VOR Sonntagmorgen.
Man trifft auf der Criminale jede Menge Leute, die sich
geben wie und was sie sind: die Schmuddelkinder und Buschbankerte der
teutonischen Literatur. Da dies alle gleichermaßen betrifft, lässt einen dies
zusammenrücken (was an den Theken, falls das Thema noch nicht erwähnt wurde,
sowieso obligatorisch ist) und zwar ganz gleich, ob jemand in der Anthologie eines Regionalverlags
seinen ersten Kurzkrimi veröffentlicht hat oder ob er die Bestsellerliste anführt.
Auf der Criminale redet jeder mit jedem völlig unbefangen. Keiner
der Killer und –innen käme auf die Idee, einem anderen die Qualifikation
abzusprechen, sich zu irgendeinem beliebigen Thema zu äußern, weil er/sie/es „nur
in einem Kleinverlag publiziert“. Wer nun lauthals lacht, kennt andere Bereiche
der einfachen Unterhaltungsliteratur nicht, in denen derlei
Publikationsdarwinismus durchaus an der Tagesordnung ist.
So aber ist und bleibt die Criminale DAS Fest von und für
die Krimiautoren, auf dem immer wieder neue Kontakte geknüpft und alte Freund-
und Feindschaften (HALLO, wir sind immerhin Verbrecher, ja?) erneuert und
gepflegt werden. Und zu allem Überfluss kommen mit schönster Regelmäßigkeit als
Resultat geradliniger und auch sehr schräger Gespräche immer wieder tolle Ideen
ans Tageslicht, die nicht selten in eine Publikation münden. Nicht wenige
Romane oder auch Anthologien begannen als Thekenspinnerei auf einer Criminale.
Ich freue mich jedenfalls schon.
Sogar auf das
obligatorische Fußballspiel der schlechtesten Mannschaft des Universums.
Vergleiche www.krimielf.de.
Wir
werden sicher wieder auf die Mütze kriegen. Immerhin hat man uns die Schweizer
Autorennationalmannschaft auf’s Auge gedrückt…