Meine 10 Minuten mit einem Tablet
Mir ist etwas passiert. Ich hatte eine Begegnung der dritten
Art. Eine unheimliche. Ich habe etwas mir vollkommen Fremdes gesehen, habe es
berührt und ich bin nun ein Anderer. Ein völlig anderer.
Hm. Naja. Also. Nicht so wirklich.
Ich meine, ich bin immer noch der, der ich vorher war, nur
weiß ich nun, wie anders ich bin.
Alles klar?
Nein?
War auch klar.
Dann hole ich mal etwas weiter aus, wie man das von mir
gewohnt ist.
Der Mann der sich um das Managen meiner ambitionierten
E-Book-Pläne kümmert, sagte sinngemäß: "Wie zum Teufel willst Du denn
überprüfen, ob das Buch so ist, wie Du es willst, wenn Du gar keinen
E-Book-Reader hast, um es zu sehen." Er meinte, JETZT sei die Zeit gekommen, mir
so ein Ding zuzulegen.
Ich dachte nach.
Was manchmal Folgen hat.
Und recherchierte.
Da gab es diese Dingse, die exklusiv von einer Handelskette vertrieben werden,
deren Namen an den Singular einer Kriegerinnenrasse erinnert. Die wollte ich
aber nicht. Ich mag es nicht, wenn jemand seine Finger in meinem Bücherschrank
hat und sei(en) er und er virtuell. Also sah ich mich nach Alternativen um. Die waren alle
schwarz-weiß. Und ich habe doch so schöne bunte Cover.
So kam ich in der Welt der Tablet-PCs an.
Die
Weltsteuerhinterzieher mit der Apfelware kamen nicht in Frage. Also die
Koreaner. Hm, dachte ich. Vielleicht. Die Dinger haben ja auch W-LAN. Dann
kannst Du damit ins Zwischennetz und wenn wieder Football-Saison ist, kannst Du
dann parallel zu dem Spiel, das Du schaust, die anderen Ergebnisse und
Spielverläufe…
NEIN!
Ich hatte nicht vor, meinen Infanten nachzueifern. Ich will
nicht im Hintergrund Berlin – Voll Idioten laufen haben, während ich online am
Chatten bin, mit dem Festnetztelefon lebend telefoniere und mit der freien Hand
auf dem Wischfon Farmer spiele und Eier züchte und Hühner schere.
NEIN!
Nur ein bisschen. Ein kleines.
Also machte ich den kleinen Schritt und keinen Sprung für
die Menschheit. Ich klickte, orderte (natürlich beim Kampfweib) und dann kam
es.
Mein Tablet.
Es war… Grauenhaft. Wischen, deuten, Finger auf, Finger zu – und nichts, aber auch gar nichts davon war selbsterklärend. Überall irgendwelche App-Dingse, über die man irgendwas kaufen konnte, musste, sollte, was dann zu anderen Seiten führt, über den man etwas kaufen können/muss/soll.
Hiiiiiilfeeeee!
Mein Jüngerer eilte zur Rettung. „Das geht so. Und da hast Du dann. Und ich
habe Dir diese App draufgemacht, die ist wichtig. Und da. Und das ist toll. Und…“
„Ähm… Ein Buch. Ich will einfach nur mal ein E-Book sehen.“
Eine halbe Stunde später hatte er eine Edgar Wallace
Leseprobe gefunden.
Okay. Man konnte es lesen. Man konnte blättern. Man konnte
das Cover erkennen.
SO sieht so was also am Ende aus.
In Ordnung. Damit kann ich leben.
Aber der ganze Rest?!
Ich brauche davon nichts. Absolut nichts. Ein Tablet ist ein
Gerät, das für mich nicht eine einzige, sinnvolle Anwendung hat, die irgendwas
mit ARBEIT zu tun hat. Dies Husch-Wisch-Teile sind für mich nichts anderes als
Zeitkiller um des Zeitkillens Willen.
Aber mit Kamera.
Ich war neulich in Istanbul, wo ich mir im Rahmen eines
Freundschaftskicks für eine Österreichische Traditionsauswahl (jaja, das ist
alles etwas schräg und jetzt nicht Thema) das Knie habe kaputt treten lassen.
Und dort liefen sie herum. Die Touristen. Mit TABLET-PCs. Hielten diese DIN A 4
großen Teile vor die Nase und fotografierten die Hagia Sophia.
Tschuldigung.
Geht’s noch?
Manchmal muss ich nicht in den Spiegel schauen, um
festzustellen, dass ich alt werde. Es gibt Entwicklungen und „Erfindungen“, die
sind ganz offensichtlich nicht für mich.
Vielleicht wenn ich 70 bin.
Meine Mutter hat in dem Alter
erst den Computer entdeckt und spielt heute, mit Mitte 80, Angry Birds und fragt
sich, wie sie Schweine zum Explodieren bekommt. Meine Bewunderung ist ihr
gewiss.
Vielleicht bin ich noch nicht soweit.
Meine Affäre mit einem Tablet PC dauerte jedenfalls gerade
mal 10 Minuten.
Dann habe ich ihn verschenkt.
An meinen Jüngeren. Der hat sich gefreut. Als ich ihn aber
gestern fragte, was er damit macht, meinte er nur: „Nicht so viel. Der kann ja nicht
mehr als mein Galaxy. Der ist nur viel unhandlicher.“